Ultra X Jordan 2023: Sonntag – The day before

Von Amman in den Wadi Rum Nationalpark Jordanien

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Sonntag – Anreise von Amman ins Wadi Rum zum Ultra X Jordan 2023
 
09:00 Uhr Briefing im Tagungsraum des Regency Palace in Amman, so startet das Abenteuer Ultra X Jordan. Danach geht es Reihe für Reihe in den Nebenraum, wo jemand sich ein geniales System für den Kit-Check ausgedacht hat: man klebe im leergeräumten Raum mit Kreppband 2x2m Quadrate auf dem Boden ab und erkläre diese zum Kurzzeithabitat eines jeden Läufers. Hier kann man seinen Duffelbag auskippen und den Inhalt vorsortieren.

Der Kit-Check

Kontrolliert wird durch ein Team-Member das Mandatory-Equipment, in meinem Fall durch George von den Medics. Als er meine mit Etikettendrucker beschrifteten Nutritionpacks und einer exakten kcal-Auflistung sieht, ist der Drops quasi gelutscht. Deutscher, oder? War ja klar! Ob ich eine Excel-Liste vom ganzen Equipment habe? Was für eine Frage, selbstverständlich – und alle Teile sind mit aufgerundeten Gewichten darin verzeichnet. Ich sehe wie er innerlich die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und die Sache abhakt.
 
Alles gut. Warum war ich eigentlich vorher so nervös? Weil alle vorher nervös waren!
Nächste Station: Tasche wiegen. Natürlich habe ich eine kleine Kofferwaage mit dabei und kenne das Gewicht der Tasche aufs Gramm genau. Der Social Media Boy wiegt heute die Taschen. Als ob es mir auf der Stirn tätowiert wäre, schaut er mich an und fragt, ob ich das Gewicht meiner Tasche wüsste. Ein Grinsen liegt in seinem Gesicht. Ich glaube er wusste was kommt. „For sure. 17 point 95 kilogram!“ Strike, versenkt. Er verzichtet auf das Wiegen und holt seine GoPro, damit ich das noch einmal in die Kamera sage. Erledigt. Ganz schön peinlich, denn mir wird klar, dass der Müll 5 Sekunden später bei Facebook und Insta heißläuft. Gut, dass ich jetzt keine Zeit habe mir den Scheiß anzuschauen. Meine Familie schon – OMG!
Witzig ist auch, dass die Taschen nun eine halbe Stunde im Tagungsraum herumliegen und ich problemlos noch die Feinkostabteilung vom Supermarkt, ein Klappbett und einen Stromgenerator darin hätte verstauen können. Und ich Depp hab mir überlegt die Powerbank in die Hosentasche zu stecken, weil sie mit 500g zu schwer für die Tasche ist.
 
Kurze Zeit später sitzen wir in einem von 4 Bussen. Die meisten haben eine kleinen Rucksack mit noch mehr Kram dabei. Nicht ernsthaft, oder? Diese ganze Wiegerei hätte ich mir sparen können, wenn es auch so geht. Beim nächsten mal weiß ich Bescheid.
 
Erste Reihe und damit auf Augenhöhe mit dem Obermotz der Medics, John. Furchtbar netter Typ und außerdem ein talentierter Comedian, der mit seinem Team ungefähr 34x nachzählt, bis es losgeht. Diese Sache hat mich im Vorfeld hochgradig nervös gemacht, denn Busfahren vertrage ich etwa genau so gut wie als Beifahrer durch die Alpen fahren. Was für ein Glück, dass das Reisemittel diese Problematik ganz einfach gelöst hat.
 

Route 35 – einmal längs durch Jordanien

Wir verlassen die 4 Millionen-Einwohner-Stadt Amman (übrigens eine der ältesten der Welt) mit einem Verabschiedungsstau und es geht die scheinbar endlose und teilweise ganz schön bergige Route 35, später 47 in Richtung Golf von Akaba in den Süden. Dort ist übrigens auch Ende mit Jordanien und die Grenze nach Saudi Arabien durchtrennt die Bergwelt. Ganz so weit müssen wir nicht und nehmen noch 2 Stopps mit, die für Essen, Pinkelpause und Devotionalien vom umtriebigen und stets sehr gut gelaunten, lokalen „Reiseleiter“ organisiert wurden. Er klärt auch die Fragen bei Polizeikontrollen und verdient ganz sicher an jedem Stopp mit. Soll er, passt schon.
 
Irgendwann, nach etwa 5 Stunden Fahrt geht es links ab in die Wüste zum Wadi Rum Village. Der „Eingangspforte“ des Wadi Rum, letzte Chance auf Mobilfunk. Danach gibt es nur noch in selektierten Camps per Richtfunk Verbindungen – in unserem Fall gibt es vor allem absolute Funkstille.
 

Das Wadi Rum Village

Hier wechseln wir vom Bus in Geländewagen. Alles natürlich fabrikneue Modelle der G-Klasse mit TÜV-gerecht montierten Sitzbänken auf der Pritsche. NOT!
 
Unser Petrol Head Joe Ocr wählt ein Modell aus diesem Jahrtausend und einen Fahrer, der vermutlich erst kürzlich Bartwuchs feststellte. Au weia. Mir war dummerweise auch entgangen, dass der liebe Joe dem hochmotivierten Kinderrennfahrer auf die Frage nach „Slow or Fast?“ ein „Fast“ entgegnete. Ich hätte diese Frage ja synonym zur immer gleichen Dönerdealerfrage nach „Scharf?“ ein „So mittel“ entgegnet. Zu spät.
 
Die Rückbank der Sitze ist mit einem dünnen Blumendraht an der Karosserie befestigt. Wir werden sterben! Alle! Noch heute und bevor wir noch einen einzigen, verdammten Kilometer durch den roten Wüstensand gelaufen sind. Beerdigt im selbigen und zugekackt von stinkenden Kamelen. Verdammte Axt, was für eine bescheuerte Idee!
 
Wir haben das innoffizielle Rennen gewonnen und sind als erste im Camp. Der gefühlt 12jährige Ahmed grinst breit und ich denke darüber nach was es mich kosten wird, die Wirbel wieder an ihre angedachte Stelle rücksortieren zu lassen. Ich drohe Joe Prügel an, sollte er bei der Rückfahrt wieder mit dem 10jährigen Ahmed herumdealen. War der überhaupt schon 10? Konnte der überhaupt über das Lenkrad schauen?
 
 

Das Camp

Beduinenzelte, fertig aufgebaut. Ein paar ziemlich schicke rote Berge als Kulisse dazu. Vermutlich Requisiten vom Filmdreh „Der Marsianer“. Wo sind denn hier die Kartoffeln aus den Exkrementen von Matt Damon gewachsen? Ist das am Ende alles echt? Ganz schön krasse Szenerie. Als die Sonne untergeht, wird es schon ein wenig romantisch. Keine Zeit, Sachen auspacken, Bett machen, mit der Enge arrangieren und außerdem halten Sam, Jamie und John noch eine schwungvolle Rede. John mahnt uns, wir sollen die täglich von ihm gestellte Frage ob wir Stuhlgang hatten ernst nehmen und wahrheitsgemäß beantworten. Immerhin fragt er nicht jeden einzeln oder will Fotos sehen.
 

Die Beduinenzelte – gewöhnungsbedürftige Enge

Ich wandere mal auf den nächsten Hügel und lasse das alles auf mich wirken. Dann wird der ganze Kram für den Start am nächsten Morgen vorbereitet, bevor es ins überaus provisorische „Bett“ geht. Viel Platz gibts ja nicht, jede Berghütte ist dagegen das Ritz.
Aber wir haben es besser getroffen als Andrea Löw und Silke Leikheim im fast geschlossenen Mädelszelt mit einem männlichen Fremdkörper. Da ists noch viel enger und der Fremdkörper schränkt die weibliche Privatsphäre noch weiter ein. Das ist überaus merkwürdig!
Joe, Holger Nolte und ich besetzen eine Seite des Zelt plus einem netten Engländer. Auf der anderen Seite suchen 3 weitere Engländer und ein Mädel aus UK Schlaf.
Hat überhaupt gar nicht geklappt. Die erste Nacht blieb ich schlaflos. Zu aufregend, zu eng, zu ungewohnt, zu was weiß ich…
 
Um 04:30 geht’s weiter in den ersten Renntag. Morgen mehr dazu…

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