Ultra X Jordan 2023: Dienstag – Sand & Canyons

Traumhafte Canyons inmitten einer surrealen Landschaft

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Dienstag – Zweites Rennen (41K // 490hm)
Am Montag-Abend des Ultra X Jordan hatte Race-Director Jamie eine großartige Szenerie und deutlich mehr Sand als am Vortag angekündigt. Er sollte Recht behalten.

Bevor es jedoch wieder auf die rutschige Luftmatratze ging, habe ich am späten Nachmittag noch ein paar Fotos von den umliegenden Hügeln und dem Camp gemacht und auf einem monströsen, aber gut kletterbaren Gesteinsbrocken Eremiten-Yoga für Anfänger gemacht. Nicht dass ich irgendeine Ahnung von Yoga hätte, mir ist im Verlauf der letzten 1,5 Jahre nur gedämmert, dass der ganze Zirkus rund um das Dehnen und zur Verbesserung meiner Beweglichkeit eh Teile von Yoga sind, seitdem nenne ich es Yoga und habe es stark ausgebaut. Also saßen an diesem Nachmittag zwei Typen auf zwei Felsen, etwa 150m auseinander und über dem Camp und haben einen auf Yogi gemacht.
 
Der zweite Renntag beginnt wie der zuvor, nur etwas später: 04:30 Uhr vibriert die Uhr und ich stelle fest, schon wieder fast nicht geschlafen. Dafür tut mir der Rücken weh. Check der Beine: nix. Nun gut. Das Daily Pack im Race Rucksack von Raidlight (Responsiv 12l) sah übrigens von Montag bis Donnerstag immer gleich aus:
First Aid Kit mit allem was vorgeschrieben ist an Erste-Hilfe-Krempel, Verbänden, Desinfektion, Blasenpflaster, Rettungsdecke, Versicherungsschein, 800 kcal Notration, Elektrolyt-Notration, das Minimesser und anderer Kram – den ich in der ganzen Woche und überhaupt noch nie benötigt habe. Sollte ich ihn mal vergessen, brauche ich ihn – garantiert!
 
  • Raidlight Hydration Pack 1200 ml, gefüllt mit 900 ml Wasser und 100 g Squeezy Energy Drink Pulver. Zu diesem Equipment kommen wir am Donnerstag.
    Je nach Streckenlänge 6-12 Squeezy Liquid Energy Gels. Ein Riegel. Eine Packung Powerbar Shots mit Koffein. 10 Squeezy Salt Tabs. 10 Elektrolyttabletten.
  • Trailrunner-Headlight von Silva
  • Vorne eine Raidlight Flask mit 600 ml fertig angemischter Elektrolytlösung. Primär habe ich diese zwischen den VPs leergetrunken und aufgefüllt. Zusätzlich aus dem Reservoir getrunken und die Energie kam größtenteils aus den Liquids und dem Carboloading.
  • Weiter geht’s mit dem Frühstück, Müsli wie die ganze Woche, dann eine Flasche Sponser Carboloader. Damit ist dann der persönliche Energiespeicher ziemlich gut aufgeladen. Es verblieben je in etwa 1.5 Stunden bis zum Start, ideal zur Energiewandlung und Verdauung.
Wieder ging es um 06:30 Uhr los. Dieses Mal die letzten 2km des Montags wieder zurück. Also gleich ordentlich Sand, aber immerhin ein wenig bergab. Joe und ich haben dieses Mal den Start an der Startlinie in Angriff genommen, da es keine elektronische Zeiterfassung gibt und man so direkt vor dem Feld ist und sich nicht erst durchschlängeln muss. Klingt albern bei über 220K Strecke, aber es war motivierend das Ding von vorne zu laufen.
 
Nach 2km bogen wir dann von der Vortagsstrecke nach links ab und es ging auf einem neuen Trail in die Einsamkeit. Joe hatte angekündigt die Hügel zu Gehen um Kraft zu sparen. Sollte es dann eine Trennung geben, ist das für beide OK. Der Punkt kam relativ schnell, weil ich den ersten Hügel laufend nahm und wir schnell auseinandergezogen wurden. So kam es wie es ab dann jeden Tag kam, wir sind alleine losgezogen. Also Kopfhörer raus, Musik an und schauen was so passiert.
 
Der Sand wurde am Dienstag schnell tiefer und vor allem fehlte es nun an Ausweichmöglichkeiten. Kilometer um Kilometer verstrich ohne das es besser wurde, aber hey – WÜÜÜÜSTE! Was hatte ich erwartet? Ein schnelles Rennen auf Kiesboden? Lieber nicht, so schnell bin ich nicht, meine Stärken liegen eher in den Bergen und auf sehr langen Distanzen, wenn es anfängt weh zu tun.
VP1 war schnell durch, VP2 ebenso, dann kamen einige Höhenmeter dazu und ich konnte ein paar Positionen gutmachen. Nach der letzten Kuppe und auf dem Weg zu VP3 tauchte vor mir ein Einheimischer, Barfuß mit Startnummer, auf. Gehend, Gut gelaunt. Abgeklatscht! WTF? Kein Teilnehmer des Rennens, wo hat er die Nummer her? Versteht vermutlich eh kein Englisch. Also weiter.
 
 

Merkwürdige Manöver

Jetzt schließt ein Läufer von hinten auf und überholt. Ich bin etwas genervt, war ich so langsam? Nach 100m bleibt er stehen und kramt in seinem Rucksack herum. Ich also wieder vorbei. 500m später kommt er erneut und passiert mich, um eine Minute später wieder stehenzubleiben. Wieder vorbei. Was soll das?
2km später schlage ich mit ihm im Schlepptau am VP3 auf und teste erstmals einen klatschnassen Buff am Hals. Die Mädels am Stand schauen mich ein wenig verwirrt an. Die Hitze ist aber inzwischen oberhalb der 30 Grad Marke angekommen, Schatten gibt’s keinen, also dann eben jetzt mit Wasserkühlung.
War ein ziemlich schneller Stopp und ich kann 500m auf den Verfolger herausholen. Über die nächste Sandkuppe bin ich schon hinüber, als er loszieht. Psychologisch eine gute Sache, wenn der Verfolger einen nicht mehr sehen kann. Um das zu verstärken, nehme ich noch mehr Tempo auf und lasse es auch gleich wieder, denn jetzt wird es tatsächlich abenteuerlich. Gewaltige Felsformationen, knallrot, fette Sanddünen, ein Canyon, einige Höhenmeter – atemberaubende Landschaften. Abstand schaffen oder Fotos machen? Ich entschließe mich für letzteres, auch wenn Mister X wieder aufschließen sollte.
Es bleibt dabei, er kommt nur etwas näher und nachdem wir diese Szenerie verlassen haben, sorge ich wieder für etwas Respektabstand.
 
 

Auf 100 Metern Netzabdeckung im Nirgendwo

Wir passieren links und rechts mehrere Camps für Touristen mit einem etwas höheren Komfortanspruch als der, den wir mitbringen durften. Aus der Netzabdeckungskarte des Wadi Rum – jaja, so etwas gibt es, ich war gut vorbereitet – weiß ich, dass es hier irgendwo mindestens temporär eine Mobilfunkverbindung geben muss. Mit meiner Roamingkarte von Holafly im Umnia-Netz könnte es hier klappen Nachrichten zu bekommen und Garmin Connect zu aktualisieren. Also Netz an. 5 Minuten später spielt die Uhr verrückt und meldet Dutzende eingehende Mail und mehrere WhatsApps. Wie schön. Raus geht nichts, aber immerhin. Der Spuk ist schnell vorbei. Ganz offensichtlich eine Richtfunkstrecke, die ich hier passiert habe.
 

Planlos durch die Hitze – neue Pläne

Am VP4 überhole ich zwei weitere Läufer und bis zum VP5 noch einen. Ich habe allerdings keine Ahnung wo ich liege und die VP-Besatzungen haben auch keine Ahnung. Ziemlich unspektakulär geht das Rennen bei km 40 zu Ende. Position? Keine Ahnung. War mir auch fast egal. Es wird gerade ziemlich heiß und ich suche nur noch Schatten und die kalte Pepsi vom Mann mit der Eistruhe.
Am Abend hängt eine handgeschriebene Ergebnisliste aus. Heute Rang 19, Gesamt 21. Da schau her. Da ging doch heute mehr als gestern. Es geht voran. An dieser Stelle endete dann auch die unterschwellige “Hauptsache Finishen”-Strategie und wich der heimlichen “Top Ten wäre nett – ist aber vermutlich unrealistisch”-Strategie. Blut geleckt…

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