Ultra X Jordan 2023: Samstag – die Rückreise über Petra in Jordanien

Unsere Rückreise während des Terroranschlags in Israel

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Samstag – Das Rennen ist vorbei und die Rückreise aus der Wüste steht als nächstes auf dem Plan. Allerdings nicht direkt, denn unsere deutsche Gruppe nimmt den Umweg über die Felsenstadt der Nabatäer: Petra und das Wadi Musa. 

07:30 Uhr im Wadi Rum Camp. Abreise.

Nicht, dass wir mal hätten ausschlafen können, um das heftige Schlafdefizit abzubauen. Fast schon komisch, dass dieses Mal keine Startlinie wartet – wir hatten uns schon daran gewöhnt. Stattdessen stehen am Start/Zielbogen nun unzählige Geländewagen.
 
Bei der Anreise sind wir durch reinen Zufall nicht einem durch Petrolhead Joe Ocr initiierten Rennunfall ums Leben gekommen. Nun besteht die Chance das nachzuholen. Aber es gibt einen Lichtblick, der Jungspund vom letzten Sonntag ist nicht sichtbar. Joe wählt eine Karre aus, die ich so gerade eben noch als „verkehrstüchtig jenseits öffentlicher Straßen bis 30 km/h“ durchgehen lassen würde. Der Fahrer hat die 50 überschritten und ruht mutmaßlich in sich selbst. So wie ich, bis jetzt. Los geht die wilde Fahrt. Natürlich wieder mal als erstes Fahrzeug der Kolonne. WTF? Es beginnt vertretbar, es bleibt im Rahmen für die nächsten 2-3km und dann muss irgendeine Aktion der anderen Fahrer den Trigger unseres Fahrers gepusht haben.
Überholt werden geht gar nicht! Meine Devise beim Laufen. Verstehe ich. Aber ich renne ja auch nicht mit 80 Sachen durch unwegsames Gelände und habe dabei noch 6 Europäer auf dem Rücken.
Lassen wir das. Es war nicht ganz so grenzwertig wie 6 Tage zuvor, wir haben es überlebt und sind ohne Beschädigung in einen der Busse nach Petra gestiegen.
 

Mit dem Bus nach Petra

Unsere „deutsche Delegation“ in voller Mannschaftsstärke, aber nicht alle Rennteilnehmer. Viele hat dann wohl doch das Hotelbett und ein monströser Burger mehr gelockt (Vegetarier/Veganer tauschen den Begriff gegen ein ihrer Meinung nach festliches Mahl aus. Ich habe davon keine Ahnung.).
Bei der Buchung hatte ich mir auch überlegt, in welchem Zustand man dort wohl aufschlägt. Darf man dort Infusionsgestelle hinter sich herziehen? Ist das Gelände Rollstuhlgeeignet? Brauche ich zwischendurch Zuspruch durch einen Mentalcoach? Wir werden sehen. Im Bus hat es sich jedenfalls ziemlich gut angefühlt.
Ein paar Fahrtstunden später gurken wir in der Region südlich um Petra herum und erleben bizarre Bergwelten auf einer Höhe um die 1700m. Beeindruckend. Ein Stop an einer Station mit dem „Best view of the World“ lässt uns das fotografisch dokumentieren. Verdammt, muss ich jetzt doch noch mal herkommen? So viele saucoole Berge, so wenig Zeit.
Eine Stunde später erreichen wir Petra. Wow, Zivilisation. Modernes Museum, Parkplatz mit ungefähr 2 Mio Bussen – nicht direkt ein Geheimtipp, dieses Petra.
 
Joe und ich machen das gemeinsam. Also Kohlenhydrate in Festkörper- und fluider Form erwerben und los gehts. Mit dem Jordan Pass kostet es uns nichts. Der Eintrittspreis ist wirklich heftig, aber mit dem Pass hat sich das alles absolut gerechnet. Keine Visagebühren, kein Eintritt in der Zitadelle von Amman und Petra ist auch inklusive. Wir hätten noch zig andere Dinge frei besichtigen können, aber es fehlte an Zeit.
Unterschätzt haben wir die Weitläufigkeit des Areals. Man kann sich darin tatsächlich einen Wolf laufen und die Treasury, das wohl bekannteste Bauwerk, ist nur eines von vielen Attraktionen. Die Zeit vergeht und ratzfatz haben wir 10K auf der Uhr und hätte der Bus nicht gewartet, wären es bestimmt 15K geworden. Die Beine sagen nix, unglaublich – alles im grünen Bereich. In Summe kann man Petra nur absolut empfehlen, sensationell, was die Nabatäer sich von den Römern abgeguckt und gebastelt haben. Blöd nur, dass die irgendwann hier aufgeschlagen sind und letztlich mit dafür verantwortlich waren, dass Petra dann für viele Hundert Jahre in Vergessenheit geriet.
 
Im Bus angekommen, informiert uns Bus-Comedian und Chef-Medic John über die Rückreise, die Fahrtzeit und das Prozedere im Hotel. Währenddessen zeigt uns der Busfahrer, wie man mit einem sperrigen Bus und etwa 3mm Luftraum zu allen Seiten durch einen restlos überparkten Busparkplatz navigiert, ohne erschossen zu werden. Keine Ahnung welche Fahrschule ihm das beigebracht hat, aber da dürfen sich deutsche Busfahrer ganz hinten anstellen.
 
Im Außenbereich von Amman halten wir an zwischen einer An- und Abfahrt der, nennen wir es einmal Autobahn. Hier steigt Seriensieger Salameh aus und entschwindet durch ein Gebüsch nach Hause. So macht man das hier. Es kann so unkompliziert sein.
Ankunft am Hotel um 1730. Der Zimmerschlüssel liegt nach 10 Minuten in meiner Hand, wer hätte das gedacht? Sam wartet an Zimmer 401 vor der Koffer-Verwahrstelle, wo wir unsere sonstigen Gepäckstücke deponiert haben. Mega, auch das war ganz schnell und unkompliziert. Grandios organisiert, Ultra X. Hut ab!
So. Tür auf, Rein, Tür zu. Ins Bett fallen lassen. Fertig. Das wars!
 
 

Zurück in der Zivilisation

Eine halbe Stunde später wird der ganze Dreck in der Badewanne abgewaschen. Bestimmt stinken wir alle so wie die Kamele in der Wüste. Jetzt was zu Essen und zwar ganz schnell und außerdem brauche ich noch Gewürze zum Mitnehmen. Da fiel mir nichts besseres ein als nun im Dunkeln ins nächste Stadtviertel zu wandern, wo es eine Mall gibt. In Hoffnung dort a) einen Mega-Burger zu erhalten b) einen billigen Ersatz für die schon vor der Wüste zerbrochene Lesebrille zu finden, die nun zudem nur noch ein Glas hat und c) die Beine ein wenig lockerer zu machen, denn die Busfahrt hat dann auch mal mit Sitzen ausgereicht.
Im Handy lese ich spärliche Informationen über den Terrorakt in Israel. Absolut erschreckend und irgendwie auch beunruhigend, denn so weit ist das von hier nicht. Die israelische Grenze ist schnell erreicht.
 
Job done! Alles gefunden, Brille nicht – fliege ich halt ohne Lesefähigkeit zurück, Zaatar bei einem Gewürzprofi eingekauft, eine Tüte Burger und 2 Portionen XXL-Fries gekauft und nach 5K wieder im Hotelzimmer.
 
Jetzt die Familie anrufen, mit den Kindern plaudern und dann mal sehen ob es noch auf die Dachterrasse des Hotels zu den anderen geht, die es sich dort schon gemütlich gemacht haben. Aus „mal sehen…“ wurde „eingeschlafen“, nach einem sehr langen Telefonat.
Am nächsten Morgen gibt es das letzte, fast gemeinsame Frühstück, denn Holger Nolte musste leider schon superfrüh raus und ab zum Flughafen. Wir lassen uns Zeit, denn unser gemeinsamer Flieger geht erst um 1510 von Amman nach Istanbul und von dort 2 Stunden später weiter nach München.
 

Alles anders nach dem Terrorakt in Israel

Angesichts der neuen Sicherheitslage beschließen wir aber sehr zeitig abzureisen. Joe hat seinem Amt als Transportoffizier wieder einmal alle Ehre gemacht und uns ein Hoteltaxi mit astronomischen Ausmaßen organisiert. Nicht direkt das was unter „günstig“ fällt wie bei der Hinreise, aber definitiv in seine Kategorie von „artgerechtem Reisen“. Zu Dritt hinten im Fond? Lächerlich, da hätte noch ein Kamel dazwischen gepasst! Joe darf vorne sitzen, ich glaube das hat im gut gefallen. Der Fahrer knallt in Rekordgeschwindigkeit durch den Verkehr zum Flughafen. Als ob man auf der Flucht wäre. Angesichts der neuen Lage könnte man das auch fast annehmen, aber zu dem Zeitpunkt sah das keiner so.
 
Was klar auffällt ist, dass der Flughafen inzwischen aufgerüstet hat. Mehr Uniformierte, größere Waffen, mehr gepanzerte Fahrzeuge. Flüge von und nach Israel sind ausgesetzt. Die letzten sind unterwegs. Da unser Flug auch nach wenigen Minuten und noch im Steigflug über Israel führt, bleibt ein leicht mulmiges Gefühl. Wie katastrophal aber der gestrige Terrorakt war, ist uns aufgrund der schwachen Nachrichtenlage deutscher Medien immer noch nicht wirklich klar.
 
Viele Stunden später ist die Reise dann tatsächlich zu Ende. Der Flughafen München hat uns eine gefühlte Ewigkeit auf die Koffer warten lassen und dann haben sich unsere Wege getrennt. Mit einer letzten Wanderung über 1.4k zum absolut letzten Außenparkplatz des Airports, beende ich alle Lauf- und Gehaktivitäten des Projekts Ultra X Jordan und bin eine halbe Stunde vor Mitternacht daheim im Voralpenland. Um 0800 geht’s ins Homeoffice…
 
An dieser Stelle möchte ich Nachahmer davor warnen. Ich würde in Zukunft noch 1-2 Tage Urlaub dranhängen, um sich für den Alltag vorzubereiten. Es hinterlässt Spuren!

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